Gegen das Vergessen
„Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen: Darin liegt der Kern dessen, was wir zu sagen haben. “ (Primo Levi)
Dieses Zitat des italienischen Schriftstellers und Chemikers Primo Levi, der das Lager Auschwitz überlebte, bildete den Ausgangspunkt verschiedener Gedenkveranstaltungen, die an der Käthe-Kollwitz-Schule anlässlich des Internationalen Gedenktags für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft stattfanden.
Die Schüler*innen der neunten und elften Jahrgangsstufe nahmen an einer Zoom-Konferenz mit dem Holocaust-Überlebenden Roman Haller teil. Roman Haller wurde 1944 in Ternopil (heute Ukraine) geboren und verdankt sein Überleben des Holocausts den Bemühungen eines deutschen Majors der Wehrmacht, einer polnischen Krankenschwester und seinen Eltern, die sich in der Villa des Majors versteckten. Nach dem Kriegsende wuchs Roman Haller in München auf, wo er bis heute lebt.
Er erzählte zunächst von seinen frühen Lebensjahren und seiner Geburt, die mithilfe eines Försters in einem Wald in der Nähe von Ternopil stattfand. Anschließend berichtete er von seinem Leben in der Nachkriegszeit und seinem Umgang mit den Erlebnissen aus der frühen Kindheit.
Die Schüler*innen hatten während der gesamten Veranstaltung die Möglichkeit, Roman Haller Fragen zu stellen. Sie erkundigten sich unter anderem nach dem Versteck in der Villa und der Hilfe des Majors, sowie nach Roman Hallers Wahrnehmung des heutigen Antisemitismus. So entstand ein interessanter Dialog.
Die Schüler*innen des zehnten Jahrgangs folgten einer Lesung des Lüneburger Autors und Publizisten Renatus Deckert, der Auszüge aus dem Tagebuch des Dresdner Romanistikprofessors Victor Klemperer vortrug. Klemperer galt im „Dritten Reich“ als Jude, er entging jedoch wegen Ehe mit einer „Arierin“ der Deportation. Über ihre Eindrücke dieser Lesung schreibt eine Schülerin:
„Renatus Deckert erzählte anhand der Tagebücher, wie Juden diskriminiert und von der Gesellschaft ausgeschlossen wurden, wie ihnen alles genommen wurde und was diese Menschengruppe alles ertragen musste. Auch wie Victor Klemperer wegen seiner Frau, Eva Klemperer, welche nicht jüdisch war, etwas besser behandelt wurde als Menschen jüdischer Abstammung. Zum Beispiel wurde der Familie Klemperer im sogenannten „Judenhaus“, in das sie ziehen mussten, nachdem sie ihr Haus verlassen mussten, zwei anstatt ein Zimmer zugewiesen. In den meisten, wenn nicht gar allen Tagebuchseiten, konnte man erkennen, wie angsteinflößend und grausam der Nationalsozialismus war. Die Lesung war sehr informativ und man konnte vieles mitnehmen. Gegen Ende der Veranstaltung konnten wir als Schüler*innen Fragen zu dem Thema stellen. Renatus Deckert beantwortete diese gerne.“ (Sophie Chomjakov, Klasse 10d)
Die Lernenden der Qualifikationsphase nahmen an einer Veranstaltung teil, die Schüler*innen aus dem Seminarfach Geschichte in Jahrgang 13 organisiert haben. Zunächst hörten die Lernenden dabei einen Vortrag zweier Schüler*innen, die im Herbst im Rahmen ihrer Seminarfahrt das ehemalige Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz besucht hatten. Sie schilderten die unvorstellbaren Grauen, die die Häftlinge dort durchlebten, und appellierten an unsere gemeinsame Verantwortung, dass sich derartige Verbrechen nie mehr wiederholen dürfen und wir uns jeder Form von Diskriminierung entgegenstellen müssen. Im zweiten Teil der Gedenkveranstaltung wurde den Schüler*innen gezeigt, dass sich die Verbrechen des Nationalsozialismus nicht nur an vermeintlich weit entfernten Orten wie Auschwitz, sondern auch hier vor Ort ereigneten. Die Lernenden besuchten dazu eine Ausstellung, die sich mit dem Lager für Zwangsarbeiterinnen auf dem heutigen Schulgelände befasst. Viele Schüler*innen erfuhren so zum ersten Mal, dass sich auf dem jetzigen Grundstück der Käthe-Kollwitz-Schule Baracken befanden, in denen vor allem Mädchen und junge Frauen aus der Ukraine und Polen untergebracht waren. Sie wurden mehrheitlich unter Zwang nach Deutschland gebracht und mussten hier vor allem für die Bahlsen arbeiten. Die Ausstellung mit dem Titel „Ein Ort – Zwei Welten“ ist das Ergebnis der Projektarbeit des Seminarfachs Geschichte (Jahrgang 13) und enthält auch allgemeine Informationen über Zwangsarbeit im Nationalsozialismus sowie die Entschädigungspraxis nach 1945. Sie kann weiterhin im Aula-Vorraum besucht werden.
(KBL)