Die Käthe-Kollwitz-Schule wurde im Jahr 1955 als Gymnasium für Mädchen gegründet, die Geschichte der Schule reicht jedoch zurück bis in das Jahr 1882, als die Hannoveraner Lehrerin Julie Boysen in der Wohnung ihrer Eltern eine private Mädchenschule gründete. Die Schule bezog das heutige Gebäude, das auf dem Gelände eines ehemaligen Lagers für Zwangsarbeiterinnen errichtet wurde, dann im Jahr 1959. Weitere Informationen zur wechselvollen Geschichte der Geschichte und des Ortes, die von der AG Schulgeschichte zusammengestellt wurden, finden Sie auf diesen Seiten.
Die Geschichte der Käthe-Kollwitz-Schule begann 1882, als Julie Boysen in der Wohnung ihrer Eltern in der Eichstraße 5 eine private Mädchenschule gründete. 1885 zog die wachsende Schule, die damals aus 85 Schülerinnen, vier Lehrerinnen und der Schulleiterin bestand, in die Rundestraße 20. 1896 kam Elisabeth Garnier als Lehrerin an die Schule und übernahm 1906 die Schulleitung. 1914 zog die Schule erneut um. Da die Schule in finanzielle Schwierigkeiten geriet, übernahm die Stadt Hannover die Schule im Jahr 1914. Sie hieß nun „Ost-Ober-Lyzeum“ und war die erste „höhere Töchterschule“ im Osten Hannovers.
Die Schülerinnen des „Ost-Ober-Lyzeums“ konnten 1933 das erste Mal Abitur ablegen. 1934 siedelte die Schule dann in das Gebäude am Bonifatiusplatz 15 um und wurde in Elisabeth-Granier-Schule umbenannt, obwohl die Schulleiterin schon seit 1932 im Ruhestand war. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten musste sich die Schule den neuen Regelungen des NS-Regimes beugen. Dies beinhaltete u.a. eine Änderung des Lehrplans, da im Biologieunterricht zum Beispiel nun auch „Rassenkunde“ ein Thema war.
Während des Zweiten Weltkrieges wurden einige Schülerinnen mit ihren Lehrerinen wegen der Bombenangriffe der Alliierten nach Hann Münden ,,verschickt“. Die Schülerinnen lebten in dieser Zeit bei Familien und neben dem normalen Unterricht, der erst am Nachmittag begann, lernten sie dort auch Sachen wie melken, Brot backen und flicken. Da das Schulgebäude im Krieg stark beschädigt wurde, begann der Unterricht im Oktober 1945 provisorisch im Gebäude der Sophienschule. Sechs Jahre lang fand der Unterricht der Elisabeth-Granier-Schule dann im Gebäude in der Leibnizschule statt, bevor Schülerinnen und Lehrerinnen in das Schulhaus am Bonifatiusplatz zurückkehren konnten. 1955 wurde die Elisabeth-Garnier-Schule, die mittlerweile zu viele Schülerinnen hatte, in zwei Schulen aufgeteilt, die Ricarda-Huch und die Käthe-Kollwitz-Schule. Diese zog 1959 in das Gebäude an der Podbielskistraße, in der sich die Schule noch heute befindet.
Ingmar Großmann, AG Schulgeschichte
Bevor auf dem heutigen Grundstück der Podbielskistraße 230 ein Schulgebäude errichtet wurde, gab es während des zweiten Weltkrieges hier Lagerbaracken, in denen Zwangsarbeiterinnen vorwiegend aus der Ukraine und Polen untergebracht waren, die für die Firma Bahlsen arbeiten mussten.
Bahlsen setze, wie auch zahlreiche andere Unternehmen in Hannover – darunter Varta, Continental, Pelikan – setzte während des Zweiten Weltkriegs Zwangsarbeiter*innen ein, die sie auf dem Gelände Podbielskistraße 100 unterbrachte. Die Mädchen von Frauen, die zum Teil sehr jung waren, wurden gegen ihren Willen nach Deutschland gebracht und hier zur Arbeit gezwungen. Zwar galt Bahlsen im Vergleich zu anderen Firmen als weniger schlimm, u.a. erhielten die Arbeiter*innen hier genügend Nahrung, doch auch hier war ihr Alltag geprägt von harter Arbeit und entwürdigenden Lebensumständen.
Obwohl das Unternehmen nach dem Krieg anders darstellte, bestanden zwischen der Firma Bahlsen und dem NS-Staat enge Verbindungen: So erklärte der damalige Direktor Hertzer anlässlich des 50. Firmenjubiläums 1939, dass sich „ Betriebsführer und Gefolgschaft […] vereinen“ mögen „in der Arbeit für den Führer“. (Zitiert nach: Ansprachen und Glückwünsche anlässlich unseres 50jährigen Geschäftsjubiläums am 1. Juli 1939, S. 56). Auch übernahm Bahlsen die Leitung einer Keksfabrik im besetzten Kiew und arbeitete eng mit den dortigen Besatzungsbehörden zusammen. Nach dem Krieg wurde dies verschwiegen bzw. beschönigt und erst im Jahr 2000 zahlte Bahlsen 1,5 Millionen in einen Fonds zur Entschädigung der Zwangsarbeiter – ein Betrag, der angesichts der Gewinne, die das Unternehmen noch im selben Jahr erwirtschaftete, kaum mehr als symbolisch erscheint.
Eine der Frauen, die in dem Lager in der Podbielskistraße leben musste, war Olga Plugatar. Sie wurde am 7. Mai 1925 in Kiew geboren und erlebte ihre Jugend während des Zweiten Weltkriegs und der deutschen Besatzung. 1943 wurde sie zusammen mit ihrer Schwester von den Nationalsozialisten nach Deutschland verschleppt, wo sie zur Zwangsarbeit verpflichtet wurde. In Hannover musste sie zunächst bei Bahlsen arbeiten, später bei den Vereinigten Leichtmetallwerken, bevor sie 1944 zur Keksproduktion zurückkehren konnte. Die Arbeitsbedingungen waren hart, mit Schichten von bis zu zwölf Stunden pro Tag. Zudem war sie als „Ostarbeiterin“ durch ein Abzeichen auf ihrer Kleidung stigmatisiert und erlebte Diskriminierung und Gewalt. Nach der Befreiung durch die Alliierten am 10. April 1945 kehrte Olga Plugatar in die Ukraine zurück. Doch anstatt Unterstützung zu erfahren, wurde sie in ihrer Heimat als ehemalige Zwangsarbeiterin „Verräterin“ angesehen. Dies erschwerte ihre Suche nach einer Arbeitsstelle erheblich, und sie lebte trotz großer Bemühungen mit einer nur geringen Rente.
Olga Plugatars Lebensgeschichte zeigt eindrücklich das Leid, das Millionen von Zwangsarbeiter*innen im Zweiten Weltkrieg erdulden mussten. Gleichzeitig verdeutlicht es, wie die Diskriminierung vieler Betroffener nach dem Krieg fortgesetzt wurde – sowohl in Deutschland als auch in ihren Heimatländern. Ihr Schicksal ist eine Mahnung, sich an die Opfer dieser Zeit zu erinnern und für Gerechtigkeit einzustehen.
Samuel Ratner, AG Schulgeschichte
Das heutige Gebäude der Käthe-Kollwitz-Schule und der Gerhard-Hauptmann-Schule wurde zwischen 1957 und 1959 im Rahmen eines umfangreichen Bauprogramms für Schulen errichtet. Das Gebäude galt damals als innovativ und wirkt auch nach fast 70 Jahren durchaus modern, daher wurde es 2024 auch in den niedersächsischen Denkmalatlas aufgenommen.
Das Gebäude wurde von den Architekten Rolf Herzog und Gerd Lichtenhahn entworfen. Gerd Lichtenhahn gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Nachkriegsmoderne und plante u.a. die Grugahalle und das Grugaschwimmbad in Essen.
Das gemeinsam von der Käthe-Kollwitz- und der Gerhard-Hauptmann-Schule genutzte Gebäude an der Podbielskistraße und der Herrmann-Bahlsen-Allee war Teil eines umfassenden Neubauprogramms für Schulen in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Ziele dieses Programms erklärte Stadtbaudirektor Rudolf Hillebrecht in einem 1962 erschienenen Buch mit dem Titel „Neue Schulen in Hannover“. So sei es nicht nur darum gegangen, Ersatz für die im Krieg zerstörten Schulen zu schaffen, sondern in Abgrenzung zum „Dritten Reich“, aber auch zum Kaiserreich moderne, nach pädagogischen Kriterien gestaltete Gebäude zu schaffen. Das Gebäude der KKS weist verschiedene für diese Epoche typische Gestaltungsmerkmale auf.
Zu den von Hillebrecht genannten Merkmalen der „Neuen Schulen“ zählt die Lage. Statt im Zentrum wurden Mittel- und Oberschulen nun in einer „ringförmigen Mittelzone“ um die Innenstadt errichtet, wobei hier große Grundstücke mit guter Verkehrsanbindung in der Nähe von „Dauergrün“ gesucht wurden. Dies erkennt man auch an der Lage der KKS, das von Bahlsen gestiftete Grundstück an der Podbielskistraße war schon damals durch drei Straßenbahnlinien angebunden und lag in der Nähe der Eilenriede. Es war jedoch für zwei Schulen etwas klein, sodass die Unterrichtstrakte mehrere Etagen aufweisen.
Beim Neubau sollten keine „Schulkasernen“ entstehen, sondern die Bauten sollten sich an pädagogischen Prinzipien orientieren und „ohne dekorative Zutaten“ auskommen. Diese Prinzipien wurden beim Neubau der KKS eindeutig umgesetzt. So dominieren die Fassaden klare, geometrische Formen, die durch den Wechsel von rotem Backstein und weißen Fliesen betont werden. Die Klassenräume sind großzügig, sie wären in dieser Größe auch heute noch genehmigungsfähig, und wirken durch die durchgängigen Fensterflächen hell und freundlich. Ebenso gibt es in der Pausenhalle große Fenster zum Innenhof, sodass ein großzügiges Raumgefühl entsteht.
Neben dieser pädagogischen Funktion sollten die neuen Schulen auch als „Kristallisationspunkte für das mitbürgerliche und gesellschaftliche Leben“ dienen. Daher bekam die KKS eine aufwändig gestaltete, überdurchschnittlich große Aula, die über eine Garderobe und sogar Umkleideräume für Darsteller verfügt.
In ihrem Vorwort zu „Neuen Schulen in Hannover“ betonten auch Oberbürgermeister August Holweg und Oberstadtdirektor Karl Wiechert, dass der wichtigste Auftrag der Schule darin bestehe, die Jugendlichen mit „den Grundsätzen der Freiheit und der Menschenwürde“ vertraut zu machen, wobei auch das Schulhaus „einen Teil dieser Aufgabe“ zu erfüllen habe. Dennoch erwähnt das Buch die Vorgeschichte des Grundstücks mit keinem Wort und es dauerte bis zum Jahr 2024, bis die Vorbereitungen für eine Gedenktafel begannen.
Samuel Ratner, AG Schulgeschichte
Bis zum Jahr 1980 war die Käthe-Kollwitz-Schule eine reine Mädchenschule. Über diesen Zeitraum möchte die AG Interviews mit ehemaligen Schüler*innen durchführen. Nähere Informationen finden Sie im Bereich „Ehemalige“.