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Auf den Spuren Einsteins

Gravitationswellen: Winzige Verzerrungen der uns umgebenden Raumzeit, ausgelöst durch die Kollision der extremsten Objekte im Universum. Vorhergesagt durch Albert Einstein bergen sie die Lösungen zu grundlegenden Geheimnissen der Physik. Ihr Nachweis brachte den Nobelpreis für Physik –  die nötige Technik für ihren Nachweis wurde und wird hier in Hannover entwickelt. Der KKS-Physik-Leistungskurs geht auf Entdeckungsreise.

„Im Jahre 1915 entwarf Albert Einstein in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie ein völlig neues Bild unserer Welt. Im Gegensatz zu Newton ist die Gravitation keine Kraft, sondern eine Folge der Geometrie von Raum und Zeit. Beschleunigte Massen verursachen Störungen des Raumzeit-Kontinuums, die sich in alle Richtungen mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Diese sich ausbreitenden Raumzeit-Störungen werden Gravitationswellen genannt und verändern unsere Wahrnehmung des Universums.“ – geo600.org

Am 11.11.2022 um beinah 11:11 Uhr trifft sich der Leistungskurs Physik der Käthe-Kollwitz-Schule Hannover in Ruthe, südlich von Hannover auf einem abgelegenen Parkplatz zwischen Apfelplantagen und Ackerfeldern der Universität Hannover. Fast nichts lässt darauf schließen, dass hier aktuell einige der modernsten Entwicklungen der modernen Gravitations- und Laserphysik entwickelt werden. Drei Containerbauten, eine futuristische Antenne im „Vorgarten“ und zwei 600 Meter lange, zueinander rechtwinklig verlaufende und halb im Boden vergrabene Metalltunnel sind unscheinbar in die Landschaft eingefügt.

Benjamin Knispel begrüßt den Leistungskurs und führt die Gruppe in knapp zwei Stunden durch die verschiedenen Stationen der Anlage. Gestartet wird im „Kontrollraum“, der wie bei einem Raketenstart mit einem dutzend Bildschirmarbeitsplätzen versehen ist. Ein großer Überwachungsmonitor schwebt über allem und zeigt die verschiedenen Messparameter der Anlage für alle Mitarbeiter*innen sichtbar an. Hier wird den Schülerinnen und Schülern der grundlegende Aufbau und die technischen Finessen der Anlage erklärt: Vom Aufbau der Vakuumröhren bis zu den Feinheiten der Spiegelaufhängung am Ende der 600 Meter langen Interferometerarme.

Im nächsten Gebäude müssen sich die Schülerinnen und Schüler Reinraumfüßlinge und – wichtig – eine Laserschutzbrille anziehen. Denn in diesem Raum steht das Herzstück der Anlage: Hier wird der 30 Watt starke Laser (30000 x die Energie eines Laserpointers) erzeugt, gebündelt, „gereinigt“ und ausgerichtet, der am Ende für die Messung der Gravitationswellen nötig ist. Um eine solche Messung erfolgreich durchzuführen, ist eine unvorstellbare Genauigkeit im Größenbereich von einem Tausendstel eines Atomkerns nötig. Die Schülerinnen und Schüler bestaunen daher einen Raum mit endlosen Vakuumpumpen, optischen Kammern, Verbindungsröhren und Ansteuerelektronik, während Herr Knispel die Funktionen der einzelnen Komponenten geduldig erklärt. Ein Mitarbeiter arbeitet derweil im Ganzkörperschutzanzug im Zentrum des Reinraumes mit den Instrumenten: Eine Stimmung wie bei der NASA.

Vor unseren Augen entsteht hier Technik auf Weltspitzenniveau und die Experimente, die in den Wochen vor der Exkursion im Unterricht behandelt wurden (vornehmlich das Michelson-Interferometer) bekommen einen klaren Anwendungsbezug. Hannover, so betont Herr Knispel immer wieder, ist hier als Forschungsstandort technischer Zulieferer für die weltweite Gruppe an Interferometer-Stationen (USA – Italien – Deutschland), deren Kooperation zuletzt den Nobelpreis für den schwierigen Nachweis der postulierten Gravitationswellen brachte.

Zum Schluss geht es in den Raum, in dem die gewonnenen Daten gesammelt und zum Teil auch ausgewertet werden. Herr Knispel beantwortet die Fragen der Schülerinnen und Schülern zu Möglichkeiten und Grenzen der Anlage, zu schwarzen Löchern und Neutronensternen, die die gemessenen Wellen erzeugen und zu grundlegenden Fragen der Physik. Der Kurs erfährt hier ganz deutlich, dass die Physik ein lebendiges Fach und die Anlage Teil der Speerspitze wissenschaftlicher Forschung ist. Einige der Erkenntnisse und Publikationen sind erst in den letzten Monaten und Jahren gemacht worden. Neue Beobachtungen trudeln im Wochentakt ein, viele Fragestellungen sind noch offen und das Potential dieses Forschungsfeldes wird sich erst in den kommenden Jahren und Jahrzehnten voll entfalten.

Mit diesen Eindrücken verabschieden wir uns zur Nachbesprechung von Herrn Knispel, dem an dieser Stelle noch einmal ein ganz besonderer Dank für die gut organisierte und verständliche Führung ausgesprochen werden darf. Die Käthe-Kollwitz-Schule Hannover kommt in den kommenden Jahren auf jeden Fall wieder, um zu sehen, wie sich dieses aktive Feld der Wissenschaft verändert hat.

(SMZ)

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