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Politiker live!

Am 22.04.22 besuchte uns Adis Ahmetovic, Abgeordneter der SPD im Auswärtigen und Verteidigungsausschuss im Deutschen Bundestag.

Vor den  Schüler*innen von Frau Lemeires Französischkurs des achten Jahrgangs sowie ihrem Leistungskurs Französisch, beantwortete er deren gut vorbereiteten Fragen.

Herr Ahmetovic gewann mit seiner Kampagne “Freifahrt für Schüler”, womit er die ÖPNV-Tickets für Schüler von Klasse eins bis 13 ermäßigen konnte, die Kommunalwahlen 2016. Seine Programmidee erklärte er anhand einer persönlichen Erfahrung mit dem Preissystem der öffentlichen Verkehrsmittel in seiner eigenen Schulzeit.

Er berichtete über seine Kindheit und Jugend, dass seine Eltern und sein Bruder zu Kriegsanfang aus Bosnien-Herzegowina emigrierten, er in Hannover geboren wurde, im Sahlkamp aufwuchs und für den OSV Hannover Fußball spielte; erst 2015, nach 18 Duldungen, erhielt er mit 22 die deutsche Staatsbürgerschaft. Mit einem Abiturdurchschnitt von 2,0 beendete er die Schule, studierte an der Leibnitz-Universität Hannover Politikwissenschaften und Germanistik auf Lehramt, arbeitete aber nach seinem Bachelor in der Niedersächsischen Staatskanzlei.
Herr Ahmetovic besitzt einen Zweitwohnsitz in Berlin-Kreuzberg und einen Australian Sheppard namens Alaska.

Er sprach auch über immensen Druck wegen des Ukrainekonflikts: “Als ich […] gewählt worden bin, hätte ich nicht gedacht, dass ich mich jetzt in dieser Situation befinden werde, in der wir uns gerade befinden […]. Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns jetzt im Krieg befinden, und zwar in der Ukraine, aber das ist nicht nur ein ukrainischer Krieg, sondern auch ein Krieg, wo Europa mit involviert ist. So viele und so starke Folgen, jetzt schon auf all den brutalen Bildern, die wir jetzt […] auf Social Media […] oder auch im Fernsehen sehen, das ist schon heftig.” Er nannte “Frieden” das Projekt, das ihm im Moment am wichtigsten durchzusetzen sei. Da seien — abgesehen von der Situation in der Ukraine — “immense Anspannungen innerhalb der [deutschen] Gesellschaft” vorhanden.Zum einen bemerke man den Krieg kostentechnisch (höhere Preise von Öl und Gas im Wohn- und Kraftstoffbereich, erhöhte Lebensmittelkosten, Inflationsrate). Zum anderen wurde klar, dass es in Deutschland, wo fast 400.000 geflüchtete Menschen (von den insgesamt 4 Mio.) aufgenommen wurden, mangelnde humanitäre Unterbringungsmöglichkeiten gebe. Die “innenpolitischen Spannungen” würden dazu führen, dass man außenpolitisch nicht stabil sein könne.

Andere ihm wichtige, innenpolitische Projekte seien Bürgergeld statt Hartz 4 einzuführen, bestimmte Klimaziele (Hannover bis 2035 klimaneutral zu machen) zu erreichen und das Schüler*innen-Ticket.

Auf die Frage, was ihn momentan am Politikerdasein stören würde, antwortete Herr Ahmetovic, die nicht zur Genüge diskutierten und kommunizierten Forderungen seiner Kolleg*innen, auch innerhalb seiner Koalition, zum Beispiel bezüglich der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine, finde er unfair und verantwortungslos. Es gehe nicht nur darum, dass Waffenlieferungen unbeschadet in der Ukraine ankämen, sondern auch darum, dass Soldaten, die diese transportierten, dabei nicht umkommen, weil Putin solche Lieferungen nicht sanktionslos zulassen würde. Deutschland gebe der Ukraine außerdem von allen Ländern am meisten Geld, mit dem man sich Waffen kaufen könne. Später führte Herr Ahmetovic als Argument gegen Waffenlieferungen an, Deutschland und die NATO dürften nicht zur Kriegspartei werden, damit kein dritter Weltkrieg ausbräche, gerade weil sich der Krieg auf andere Konflikte (zum Beispiel Georgien, Moldau und das Kaschmirgebiet) verlagern könnte. Mehrfach betonte er, dass es keine eindeutige Lösung für den Ukrainekrieg gebe.

In den nächsten Wochen hoffe er auf einen Waffenstillstand, weniger auf einen Friedensvertrag. Wichtig zu erwähnen sei, dass “der Krieg eine Konsequenz aus den Konflikten der letzten Jahre, aber auch eine Folge der Inkonsequenz in der deutschen, europäischen und NATO-Außenpolitik” sei: Seit 2014 hoffe man, mit der Leitidee “Wandel durch Handel” eine Veränderung zu erzielen. Deutschland habe das System und das Regime Putins durch Geld gestärkt, statt es zu verändern. Der Krieg werde nicht nur für neue Territorien und Grenzziehungen geführt, sondern sei vielmehr ein Krieg der Werte: Freiheit und Demokratie gegen Unfreiheit und Autokratie. Europa müsse gemeinsam eine stärkere wirtschafts- und sicherheitspolitische Einheit werden.

Zum Abschluss lud Herr Ahmetovic die Schüler*innen für Januar 2023 zu einem Besuch in den Deutschen Bundestag nach Berlin ein; darauf freuenwir uns jetzt schon!

Herrn Ahmetovics klaren und verständlichen Worten konnten wir auch länger als die ursprünglich angedachten 90 Minuten konzentriert und gut folgen. Die Veranstaltung wurde von allen als „sehr gewinnbringend“ beschrieben.

Über den Besuch an unserer Schule äußerte Herr Ahmetovic rückblickend auf seiner Website: “Die Diskussion mit den Schülerinnen und Schülern hat mir sehr viel Spaß gemacht. Man hat den jungen Menschen angemerkt, dass auch sie sich intensiv mit der aktuellen weltpolitischen Lage auseinandersetzen. Sie diskutieren mit ihren Freundinnen und Freunden darüber und im Unterricht. Dieser Austausch trägt […] ein kleines Stück weit mit dazu bei, den brutalen Angriffskrieg auf die Ukraine durch Russland zu verarbeiten. An dieser Stelle gilt mein Dank auch den engagierten Lehrkräften, die das Thema altersgerecht im Unterricht aufgreifen.”

Annelie und Paula (Lerngruppe Französisch, Jahrgang 8 Lm)

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